AUTOBAUER: MERCEDES KAPPT GEWINNZIELE – CHINA UND NEBULöSE BEWERTUNGSEFFEKTE BELASTEN

Nach VW und BMW steckt nun auch Mercedes in der Krise. In seiner PKW-Sparte erwartet der Konzern 2024 bestenfalls noch 8,5 statt elf Prozent Rendite. Schuld ist ein Bündel an Problemen.

Mercedes-Benz fällt in alte, längst überwunden geglaubte Negativmuster zurück. Wie der Stuttgarter Autobauer am späten Donnerstagabend via Börsenpflichtmitteilung einräumen musste, hat der Konzern seinen Aktionären mal wieder zu viel versprochen. Die Schwaben kassieren ihre Gewinnziele – und zwar deutlich.

So rechnet Mercedes etwa in seiner dominanten PKW-Sparte im Gesamtjahr nur noch mit einer bereinigten Umsatzrendite von 7,5 bis 8,5 Prozent statt bis zu elf Prozent. Obwohl die Margenziele in der Van-Division und bei Finanzdienstleistungen unverändert bleiben, dürfte der Betriebsgewinn auf Gesamtkonzernebene deutlich unter dem Niveau des Vorjahres liegen.

Zum Vergleich: Zuletzt hatte Mercedes noch ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern in Aussicht gestellt, das nur leicht unter dem Wert von 19,7 Milliarden Euro des Jahres 2023 landen sollte. Auch der freie Barmittelzufluss im Industriegeschäft wird voraussichtlich weit unterhalb des Vorjahresniveaus von 11,4 Milliarden Euro liegen. Gerade für Investoren ist der Free Cashflow eine besonders wichtige Kennzahl, da hiermit etwa Dividendenzahlungen beglichen werden.

Die Prognosen für die bereinigte Umsatzrendite von Mercedes-Benz Vans ließ der Konzern ebenso unangetastet wie für die bereinigte Eigenkapitalrendite von Mercedes-Benz Mobility. Die Aktie gab auf der Handelsplattform Tradegate in einer ersten Reaktion um 4,7 Prozent nach.

Die Aktionäre von Mercedes waren früher viel Kummer gewohnt. Unter früheren Vorstandsteams gab es regelmäßig Gewinnwarnungen. In den vergangenen Jahren schien diese unrühmliche Zeit durch eine Strategie des eher tiefer als höher Stapelns von CEO Ola Källenius und Finanzchef Harald Wilhelm nahezu überwunden. Auslöser für den Rückfall in alte Zeiten ist laut Mercedes eine „weitere Verschlechterung des makroökonomischen Umfelds, vor allem in China“. Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im wichtigsten Absatzmarkt der Schwaben „verlor angesichts des schwächeren Konsums und des anhaltenden Abschwungs im Immobiliensektor weiter an Dynamik“, heißt es in der Erläuterung des Konzerns. „Dies wirkte sich auf den Gesamtabsatz in China aus, einschließlich der Verkäufe im Top-End Segment.“

Schlimmer noch: Mercedes rechnet anders als ursprünglich unterstellt im zweiten Halbjahr mit keiner Verbesserung des Produktmixes. Darüber hinaus setzt dem Konzern augenscheinlich auch der Preiskrieg bei Elektroautos in Fernost zu. Mercedes spricht hier von einem „dynamischen Preisumfeld“.

Absatz in der Luxusklasse besonders stark rückfällig

Außerdem verweisen die Stuttgarter auf „verschiedene Bewertungssachverhalte“. Diese Bewertungseffekte alleine führen voraussichtlich zu einem Prozentpunkt weniger Rendite im zweiten Halbjahr in der PKW-Sparte. Das impliziert, dass die bereinigte Umsatzrendite in der Kerndivision von Mercedes in den nächsten Monaten ungefähr bei sechs Prozent liegen dürfte.

Zuletzt mussten bereits Volkswagen und BMW ihre Gewinnziele für das Gesamtjahr nach unten korrigieren. Unter den drei großen deutschen Autobauern schien Mercedes noch am besten aufgestellt. Doch zuletzt mehrten sich die Indikatoren, dass es auch bei den Schwaben weit schlechter läuft als erhofft – und zwar nicht nur in China.

Der Absatz der beiden prestigeträchtigen Luxuslimousinen S-Klasse und EQS ist beispielsweise so stark rückläufig, dass der Konzern die Produktion in Sindelfingen von zwei Montageschichten auf eine reduzierte.

Besonders der Absatz der S-Klasse ist in den USA im ersten Halbjahr stark eingebrochen. Lieferte Mercedes von dem Fabrikat in den Vereinigten Staaten von Januar bis Juni 2023 noch rund 7200 Einheiten aus, waren es zuletzt nur noch 4800 Stück. Das ist ein Minus von 33 Prozent. Auch in Europa ist der Absatz der S-Klasse um fast ein Drittel von 5700 auf 4000 Einheiten geschrumpft, wie Zahlen des Automotive-Datendienstleisters Marklines zeigen, die dem Handelsblatt vorliegen.

In China, dem wichtigsten Absatzmarkt der S-Klasse und dessen ultraluxuriöser Maybach-Variante, hielt sich das Verkaufsminus zuletzt noch in Grenzen. Im ersten Halbjahr gingen die Registrierungszahlen für die S-Klasse um 13 Prozent zurück auf 16.200 Fahrzeuge. Doch offenkundig verschlechtert sich auch hier die Lage.

2024-09-19T20:46:40Z dg43tfdfdgfd