VOLKSWAGEN VERSUS TOYOTA – DAS DUELL UM DIE WELTSPITZE IST ENTSCHIEDEN

Jahrelang lieferten sich Volkswagen und Toyota ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Spitzenrang bei den Autoverkäufen. Doch spätestens mit den aktuellen Daten des Wolfsburger Konzerns sind die Zeiten vorbei. Es zeigt sich, welche Marken überraschend gut laufen – und welche Problemfälle es gibt.

Der Volkswagen-Konzern bleibt auch 2024 die Nummer zwei der globalen Autohersteller – mit deutlichem Abstand zum japanischen Konkurrenten Toyota. Laut aktuellen Zahlen des Unternehmens kam VW im vergangenen Jahr insgesamt auf einen Absatz von 9.027.400 Fahrzeugen, ein Minus von 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Von Toyota gibt es noch keine Zahl für das gesamte Jahr, aber der Konzern hatte bereits bis Ende November 9.857.938 Autos abgesetzt. Insgesamt werden die Japaner also sicher wieder die Zehn-Millionen-Marke beim Absatz geknackt haben.

Die Zeiten, in denen sich die beiden Autoriesen aus Europa und Japan ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei den Verkaufszahlen geliefert haben, sind vorerst vorbei. Von 2016 bis 2019 hatte VW stets leicht vor Toyota gelegen. Dann sackten die Zahlen beider Konzerne im Pandemiejahr 2020 unter die Marke von zehn Millionen verkauften Fahrzeugen ab. Toyota erholte sich davon schon 2021, VW dümpelt dagegen seitdem um einen Wert von neun Millionen Autos pro Jahr.

Eigentlich hatte sich der Wolfsburger Konzern für das vergangene Jahr eine Absatzsteigerung um drei Prozent gegenüber 2023 vorgenommen. Damals waren es mehr als 9,2 Millionen verkaufte Fahrzeuge. Doch dieses Ziel kassierte der Vorstand um Oliver Blume im vergangenen September, als sich abzeichnete, dass die Geschäfte schlechter laufen als erwartet.

Die größten Probleme hat der Konzern in China. Dort war Volkswagen jahrzehntelang der Marktführer für Verbrennerfahrzeuge – und ist es immer noch. Doch dieses Segment spielt eine immer kleinere Rolle in der Volksrepublik. Gut die Hälfte des Marktes machen inzwischen Elektroautos und Plug-in-Hybride aus. VW kommt in diesem Bereich mit seinen teuren Modellen bei den Kunden nicht an. Der chinesische Konkurrent BYD liegt mit inzwischen rund vier Millionen verkauften Fahrzeugen pro Jahr weit vor den Deutschen, die 2024 auf 2,9 Millionen verkaufte Autos kamen, ein Rückgang um 9,5 Prozent.

Im Elektro-Segment liefern sich mehr als 100 Autohersteller einen harten Preiskampf, den die VW-Marken nicht mitmachen wollen. Man habe „immer deutlich gemacht, dass Profitabilität für das Unternehmen oberste Priorität hat“, sagte ein Sprecher von VW in Peking. „Wie angekündigt haben wir in dem wettbewerbsintensiven Umfeld in China bewusst der nachhaltigen Wertschöpfung Vorrang vor höheren Stückzahlen gegeben, um unsere langfristigen strategischen Ziele zu erreichen.“

Aufgeben will der Konzern in China aber auf keinen Fall, anders als westliche Konkurrenten wie Stellantis (Peugeot, Fiat, Opel), die sich aus dem Markt zurückgezogen haben. „Bis zum Jahr 2030 will der Volkswagen-Konzern jährlich vier Millionen Fahrzeuge in China verkaufen, mit entsprechender Profitabilität“, heißt es aus Peking. Ziel sei es, der größte internationale Autohersteller in China zu bleiben und unter den ersten drei Herstellern des Landes zu sein.

Auch international hat der Konzern das frühere Ziel, die Nummer eins zu sein, aufgegeben. Man strebt zwar dauerhaft eine Spitzenposition an, doch hohe Absatzzahlen sind nicht das Ziel. „Value over Volume“ lautet die Strategie, also eine Konzentration auf Wertschöpfung statt auf hohe Verkaufszahlen.

Blickt man auf die einzelnen Marken des Konzerns, dann zeigt sich ein großer Problemfall: Audi. Die Premium-Tochter aus Ingolstadt hat im vergangenen Jahr 11,8 Prozent weniger Autos verkauft als im Jahr zuvor. Mit unter 1,7 Millionen Fahrzeugen liegt Audi nun weit abgeschlagen hinter BMW und Mercedes-Benz, die beide um 2,4 Millionen Wagen abgesetzt haben.

Alle drei Hersteller leiden unter den schwierigen Marktbedingungen in China. Aber bei Audi kommen hausgemachte Probleme hinzu. Die Marke tauscht binnen zwei Jahren große Teile ihres Produktportfolios aus. Mehr als 20 neue Modelle kommen bis Ende des Jahres auf den Markt. Solche Wechsel sorgen für Dellen in der Verkaufsstatistik.

Überraschend gute Geschäfte bei Skoda und Seat/Cupra

Schlecht steht es auch um die britische Tochter Bentley, deren Verkäufe um mehr als ein Fünftel zurückgingen. Sie zählt zusammen mit Lamborghini (plus 5,7 Prozent) und Audi zur „Markengruppe Progressive“, die bisher stets den größten Teil zum VW-Konzerngewinn beigetragen hat. Für 2024 ist mit deutlich geringeren Erträgen zu rechnen.

Überraschend gut liefen die Geschäfte bei den „Volumenmarken“ Skoda und Seat/ Cupra. Sie legten jeweils rund sieben Prozent beim Absatz zu. Die Kernmarke Volkswagen kommt auf einen leichten Verkaufsrückgang von 1,4 Prozent – was angesichts der Größe der Marke aber mehr als 100.000 Fahrzeuge bedeutet. Unter dem Strich wurden knapp 4,8 Millionen Autos mit VW-Logo verkauft.

Auch bei Porsche sanken die Verkaufszahlen deutlich. Die Sportwagenmarke hat in China nur noch rund 57.000 Wagen verkauft, 28 Prozent weniger als im Vorjahr. Außerdem hatten Modellwechsel und der verspätete Anlauf des Elektromodells Macan in Europa den Absatz belastet. Höhere Kosten konnte die Marke im vergangenen Jahr laut „Handelsblatt“ durch drastische Einsparungen teilweise ausgleichen. Rund 1,5 Milliarden Euro habe Porsche gespart. Mit überraschend hohen Gewinnen ist aber kaum zu rechnen. Das gilt auch für den gesamten VW-Konzern, der seine Bilanz am 11. März vorlegen wird.

Womöglich könnte Volkswagen Platz zwei auf der globalen Rangliste schneller verlieren als erwartet. Denn in Japan bahnt sich gerade eine Großfusion der drei Marken Nissan, Honda und Mitsubishi an. Es ist eine Verbindung aus der Not heraus, vor allem Honda und Nissan geht es wirtschaftlich schlecht. Aber zusammen kommt die Gruppe auf sehr hohe Verkaufszahlen. Im Jahr 2023 haben ihre Mitglieder insgesamt 8,4 Millionen Fahrzeuge weltweit verkauft, Werte für 2024 liegen noch nicht vor.

Die neue Dreier-Gruppe würde in der Welt-Rangliste die bisherige Nummer drei ablösen, Hyundai/ Kia aus Südkorea, das 2024 auf 7,2 Millionen verkaufte Fahrzeuge kam – ein leichter Rückgang um etwas mehr als ein Prozent. Auf dem vierten Platz stand im Jahr 2023 noch die europäisch-amerikanische Gruppe Stellantis mit 6,4 Millionen verkauften Fahrzeugen, gefolgt von General Motors. Ihre Jahresbilanzen liegen auch noch nicht vor.

Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie.

2025-01-14T14:31:01Z