VW ID.7 TOURER PRO S UND GTX IM ERSTEN TEST: DIE WACHABLöSUNG

Kilometer abspulen, reichlich einladen oder forsch um die Ecke preschen – sind die gehobenen Varianten Vorzeigekombis?

Als Kombikind ist es noch immer verwirrend, den aktuellen Elektro-Markt zu beobachten. SUVs in allen Größen, so weit das Auge reicht. Was ist nur aus den praktischen Alleskönnern geworden? Den Variants, Turniers und Caravans?

Wieso Gepäck, Grünschnitt, Rennrad oder Außendienstutensilien über die hohe Ladekante hieven, wenn das mit dem Kombi viel besser geht? Mit Freude kann ich berichten: Sie kommen langsam wieder! Und das auch in der Oberen Mittelklasse, wie Audi A6 Avant e-tron, BMW i5 Touring und VW ID.7 Tourer bemerkenswert aufzeigen. 

Was ist das?

Und da stehen sie jetzt im Umland von Stockholm: die reichweitenstarke Version ID.7 Tourer Pro S und der Kraft-Kombi GTX. Die voluminösen großen Brüder der ID.7 Limousinen. Die Elektro-Alternative zum Passat Variant ... die Lademeister – wobei sich das hier nicht nur auf den Raum bezieht. Denn VW spendiert dem ID.7 Pro S und dem GTX gegenüber der Einstiegsversion Pro mit seiner 77-kWh-Batterie einen 86-kWh-Akku (netto) mit 13 statt zwölf Zellmodulen.

Die Ladeleistung konnte noch einmal von 175 auf 200 kW gesteigert werden. Wer an einer entsprechenden Säule lädt, braucht 26 Minuten (andere sind da zehn Minuten schneller), um die Kapazität von 10 auf 80 Prozent zu steigern. Vollaufgeladen soll der Pro S ganze 690 Kilometer ohne einen Stopp bewältigen können. Der GTX speist etwas mehr Energie davon in seine insgesamt 340 PS verteilt auf Vorder- (80 kW) und Hinterachse (210 kW). Sein 4Motion-Allradantrieb beschleunigt den 2,3 Tonnen schweren Sport-Kombi in 5,5 Sekunden auf 100 km/h. Trotz Sportambitionen sollen 584 km übrig bleiben.

Das reicht theoretisch noch immer für einen "entspannten" Non-Stop-Trip durch die Republik von Hamburg nach Augsburg. Und mal ehrlich: Das will vermutlich niemand ohne Pause durchziehen, vor allem, wenn etliche nette Gimmicks mit an Bord sind. Der Pro S kommt mit Heckantrieb und 286 PS daher und ist mit seinen 6,7 Sekunden auf 100 km/h ebenfalls alles andere als eine Gehhilfe. Zum Vergleich: in etwa dort liegt der aktuelle Golf GTI.   

Schnelle Daten VW ID.7 Tourer Pro S VW ID.7 Tourer GTX 
Antrieb Heckantrieb Allradantrieb (210 kW Hinterachse, 80 kW Vorderachse)
Systemleistung 210 kW (286 PS) 250 kW (340 PS)
Drehmoment 545 Nm 560 Nm
Beschleunigung (0 auf 100 km/h) 6,7 Sekunden 5,5 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit 180 km/h 180 km/h
Batterie 86 kWh (Lithium-Ionen-Zellen) 86 kWh (Lithium-Ionen-Zellen)
Reichweite (WLTP) 690 km 584 km
Verbrauch (WLTP) 14,0 - 16,6 kWh/100 km 16,6 - 18,8 kW/h/100 km
Ladeleistung 200 kW max. (DC-Säulen) 200 kW max. (DC-Säulen)
Ladedauer 10 - 80 Prozent 26 Minuten 26 Minuten
Basispreis 59.785 Euro 63.955 Euro

Exterieur | Interieur | Fahrbericht | Preise | Fazit

Exterieur

Und auch meine Augen erfreut der Anblick des Edel-Arbeiters, sind seine Wurzeln im beliebten Verbrenner-Äquivalent durchaus zu erkennen. Front, Heck und Silhouette lassen einen Quervergleich zum aktuellen Passat Variant zu, jedoch mit wesentlich aerodynamischeren Kniffen im Karosseriekleid. Denn hier erzählen Kanäle, Linien, Spiegel, Türgriffe und die geringe Stirnfläche von etlichen umgesetzten Gedanken, die letztendlich dazu führen, dass selbst der Kombi auf einen aerodynamischen Koeffizienten von 0,25 kommt und damit zur Reichweite enorm beiträgt.

Volkswagen

VW ID.7 Tourer Pro S im Test

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VW ID.7 Tourer GTX (2024) im Test

Volkswagen

VW ID.7 Tourer GTX (2024) im Test

Und VW tüftelte selbst noch (oder "noch immer", könnte man auch flachsend hinzufügen) während die ersten ID.7 schon auf den Markt starteten, wie mir Dirk Wieser, Ingenieur in der Entwicklung der Aerodynamik bei Volkswagen, im Gespräch am Beispiel der kleinen Winglets am Ende des Frontstoßfängers berichtet. Diese schließen die Lücke zur Rad-Reifen-Kombination etwas effizienter (so gesehen auch schon beim Skoda Elroq), sodass allein hier vier Kilometer rausgeholt wurden. Weshalb der Pro S die kleinen nützlichen Dinger jetzt auch auf den Pro hinunter vererbt. 

Insgesamt wirkt der Tourer dynamisch fließend und vor allem stimmig, weswegen die üppige Länge von knappen fünf Metern nicht großartig auffällt. Der ID.7 Tourer GTX kommt gerade in seinem dunkel gehaltenen Rot (eine Hommage an den GTI) mit schwarzen Akzenten noch einmal leicht fordernder daher. Stoßfänger, Lüftungsgitter, Tagfahrlicht, Diffusor und Felgendimensionen zeigen dezente Sportlichkeit.

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VW ID.7 Tourer Pro S im Test

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VW ID.7 Tourer GTX (2024) im Test

Abmessungen VW ID.7 Tourer Pro S & GTX 
Länge 4.961 mm
Breite 1.862 mm
Höhe 1.551 mm
Radstand 2.971 mm
Leergewicht 2.239 kg (GTX: 2.339 kg)
Zuladung 461 kg (GTX: 536 kg)
Kofferraumvolumen 532 - 1.714 Liter
Anhängelast 1.200 kg (GTX: 1.400 kg)

Interieur

Also hineinspaziert in den ID.7 Tourer, der unmittelbar zum zweiten Wohnzimmer mutiert. Eine angenehme Sitzposition ist mit den zahlreichen Einstellungen auf gemütlichem Gestühl schnell gefunden, die Eingewöhnung in VWs Infotainmentsystem gelingt fix und die Übersicht ist für 4,96 Meter durchaus respektabel. Auf engen Landstraßen und knackigen Wanderparkplätzen vermittelt der ID.7 Tourer auch ohne Blick auf den Bildschirm ein gut einzuschätzendes Raumgefühl.

Insgesamt wirkt auch hier alles stimmig, wenn auch in meinem visuellen Empfinden ein im Armaturenbrett integrierter Bildschirm optisch einheitlicher daherkommt. Das 532 Liter fassenden Heckabteil bietet den üblichen, üppigen Kombiraum. Wer die Rückbank umklappt, blickt auf ein ordentliches Ladeabteil, das durchaus auch für das ein oder andere Umbauprojekt taugt und auch auf der Rückbank ist ausreichend Platz für Mitfahrende vieler Größen.

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VW ID.7 Tourer GTX (2024) im Test

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VW ID.7 Tourer Pro S im Test

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VW ID.7 Tourer Pro S im Test

Für die Pause an der Ladesäule sind ein paar Casual-Games oder Entspannungsfunktionen mit an Bord. Wer letzteres als Option in Form eines Interieur-Paketes hinzubucht, wird für den vierstelligen Aufpreis mit Entspannungsmusik und zehn Minuten Massage belohnt. Ein guter Tausch? Entscheiden Sie, ob das nötig ist.

Fahrbericht

Zum Entspannen war sowieso keine Zeit. Die malerischen Straßen des "Stockholm län" warteten ohnehin auf mich und meine quirligen Kumpels Pro S und GTX. Ja, Sie lesen richtig! Schon der Pro S hängt E-typisch kraftvoll am Gas, lässt sich für seine üppigen Ausmaße gut in die engen Landstraßen einlenken und umherzirkeln – immerzu mit direkten Feedback im Lenkrad bei guter Komfortanlage. Schlaglöcher bügelt der ID.7 Tourer ganz gut weg und auf engen Parkplätzen kann er mit einem genügsamen Wendekreis von 10,9 Metern punkten.

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VW ID.7 Tourer Pro S im Test

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VW ID.7 Tourer GTX (2024) im Test

Der GTX ist ein wenig forscher unterwegs, deutet dank adaptiver Fahrwerksregelung (DCC) sein ausladendes Heck diskret an, ohne jemals aufdringlich zu werden. Er wird dadurch nicht zum Übersportler, kann aber durchaus Fahrspaß vermitteln. Wie sich all das im Alltag entfaltet und ob der Tourer auch ergiebig in seiner Elastizitätsleistung ist, muss ein Alltagstest zeigen.

Mit seinem umfangreichen Fahrassistenzsystemen nimmt er außerdem auch mal ein wenig Arbeit ab. Kleine unvorhergesehene Verkehrsänderungen, wie mobile Baustellen mit Geschwindigkeitsangaben, übersieht er jedoch gern oder erfasst die Geschwindigkeit der Ausfahrt und bremst runter. Das darf gern noch besser werden.

Preise

Die Preise für den ID.7 Tourer Pro S starten bei 59.785 Euro. Wer ein wenig mehr Individualität und eine gewisse Sportlichkeit bevorzugt, greift am besten gleich zur GTX-Version für 63.955 Euro. Gerade weil hier die adaptive Fahrwerksregelung DCC gleich inklusive ist. Eine Anhängerkupplung steht mit 990 Euro für beide auf der Aufpreisliste, ebenso wie eine Wärmepumpe oder das Assistenzsystem "I.Q.Drive" inklusive Parkassistent für 1.455 Euro. 

Die Konkurrenz:

Fazit

Preislich liegen die gehobenen Versionen des VW ID.7 Tourer um einige Tausend Euro unter denen der Oberen-Elektromittelklasse-Konkurrenz. Mit Reichweite kann der Pro S locken, doch auch der GTX ist mit gerade mal knappen 100 km weniger ein guter Kompromiss, der auf seine eigene Kombi-Segment-Art durchaus Fahrspaß vermittelt, aber auch als Packesel und großzügiges Reisemobil punkten kann.

Und auch Softwaretechnisch macht VW seine Sache inzwischen gut. Zwar ist er gegenüber dem Passat noch teurer, der darf sich jedoch auf seinen Ruhestand vorbereiten. Denn die Wachablösung des VW-Alleskönner scheint da zu sein, wenn der bei der Ladegeschwindigkeit noch einen Zacken zulegt. 

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